Die steigende Zahl der Schutzsuchenden, die über Belarus in die EU gelangen, hat zum Ausruf eines Notstandes, zur Verkürzung von Asylverfahren und einer Aufstockung des Frontex-Personals an der litauischen Grenze geführt. Außerdem sollen Stacheldrahtzäune Grenzübertritte schwieriger gestalten. Seit Juni haben laut offizieller Angaben über 4000 Menschen aus ungefähr vierzig Ländern die grüne Grenze passiert, es gibt aber laufend Zurückweisungen. Laut NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg soll eine Expert:innengruppe nach Litauen geschickt werden.
Nun heißt es auch aus Polen, dass die Zahl der Grenzübertritte gestiegen ist. Seit August soll es 2.900 Versuche irregulärer Grenzübertritte gegeben haben, von denen allerdings 2.000 „verhindert“ wurden. Auch Lettland meldet einen Anstieg. Eilanträge auf Einlass nach Polen wurden vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zurückgewiesen. Sowohl Polen als auch Lettland sind lediglich verpflichtet, Nahrung, medizinische Hilfe und bei Möglichkeit vorübergehende Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Am stärksten betroffen ist das Dorf Usnarz Górny. Im angrenzenden Gebiet sollen ungefähr 30 Personen festsitzen. Eine Weiterreise nach Polen wird vom polnischen Grenzschutz verhindert, die Grenze zu Belarus wurde geschlossen und wird von dortigen Beamten bewacht. Es gab Versuche durch mehrerer Organisationen, die Menschen mit Lebensmitteln und Schlafsäcken zu versorgen und ihnen juristische Beratung bereitzustellen, und schließlich offizielle Unterstützung durch Warschau. Ausreichend soll diese aber nicht sein. Gleichzeitig wird betont, die Menschen seien Verantwortung der belarussischen Behörden und die Errichtung eines zweieinhalb Meter hohen Metallzaunes soll weitere Grenzübertritte verhindern.
Die Lösung der EU-Kommission ist noch nicht klar zu erkennen. Es gibt klare Statements, die die Versuche des belarussischen Präsidenten Lukaschenko, durch das „Einschleusen“ von Menschen die EU unter Druck zu setzen, kritisieren.
Die Frage um Flucht und Asyl ist aber nicht nur in Belarus, Polen, Litauen und Lettland eines der Themen, die die politische Debatte prägen. Auch in Deutschland, wo Bundestagswahlen bevorstehen, nimmt die Debatte wieder an Fahrt an. Auch die Grenzschutzagentur Frontex, die sich einerseits gerade sämtlichen Anschuldigungen stellen muss, andererseits immer mehr EU-Gelder zugesichert bekommt, ist Thema für Deutschlands Parteien. Die Linke fordert als einzige Partei, Frontex ganz aufzulösen und durch ein europäisches Seenotrettungsprogramm zu ersetzen, sowie die Zusammenarbeit mit der Türkei und Ländern mit Libyen zu beenden. Die Grünen, die
SPD und die FDP fordern ebenfalls staatliche Seenotrettung. Frontex soll laut ihnen aber weiterarbeiten dürfen, wenn dafür gesorgt würde, dass keine Pushbacks mehr stattfänden. Gerade angesichts der jüngsten Pläne der Agentur, die einen immer größeren Fokus auf Kontrolle aus der Luft und per Satelliten legt, dürften sich hier immer öfter Grauzonen ergeben, indem Frontex selbst nicht für Pushbacks sorgt, sondern lediglich bei solchen unterstützt beziehungsweise Informationen und Koordinaten zur Verfügung stellt.
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