Eine Familie, die 2016 während ihres laufenden Asylverfahrens von der griechischen Insel Kos in die Türkei abgeschoben wurde, zieht nun vor den Europäischen Gerichtshof. Sie fordert Schadensersatz von der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex. Lisa-Marie Komp, eine Anwältin der Kanzlei, die die Kläger:innen vertritt erklärt, Frontex hätte bestätigt, dass Menschenrechtsverletzungen stattgefunden haben und, dass das Asylverfahren der Familie zum Zeitpunkt der Abschiebung nicht abgeschlossen war.
Insgesamt 18 Personen sollen am 20. Oktober 2016 im Flugzeug von Kos nach Adana in der Türkei gesessen haben – Frontex hat bereits bestätigt, dass sich die 6-köpfige Familie darunter befand. Diese erklärt, damals geglaubt zu haben, nach Athen transferiert zu werden. Sie gaben an, im Flugzeug getrennt worden zu seien, auch die Kinder. Lisa-Marie Komp sieht hier einen Verstoß der Rechte des Kindes, die in Artikel 24 der EU-Grundrechtecharta verankert sind.
Der im Jahr 2016 amtierende Migrationsminister Yiannis Mouzalas, erklärt, Untersuchungen angeordnet zu haben, nachdem er sich über „Verstöße“ bewusst wurde. Bevor diese abgeschlossen waren, trat er allerdings von seinem Amt zurück, betont aber, dass die Abschiebung Aufgabe der griechischen Behörden, nicht aber von Frontex gewesen sei. Die Agentur widerspricht: Die Entscheidung sei Aufgabe der Behörden gewesen. Transportmittel, Begleitpersonen, Übersetzer:innen und medizinisches Personal würde aber Frontex bereitstellen.
Einem in der Tageszeitung Syntakton veröffentlichten Bericht zufolge ist der Asylantrag der Familie zwar eingegangen, aber erst nachdem sie bereits abgeschoben wurden auf der elektronischen Plattform der Polizei aufgenommen worden.
Komp betont außerdem das strukturelle Problem, das diesem Fall zugrunde liegt: Frontex operiert immer größere Gebiete an den Außengrenzen der Europäischen Union, aber Möglichkeiten gegen die Agentur vorzugehen gibt es nicht wirklich. Komp sieht die Rechtsstaatlichkeit hier missachtet. Gerade angesichts der sich häufenden Pushback-Vorwürfe gegenüber der Grenzschutzagentur wären solche Möglichkeiten enorm wichtig.
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/eugh-klage-frontex-101.html