Die Situation an der polnisch-belarussischen Grenze führt nun schon seit Monaten zu Debatten, in denen ähnlich wie bereits 2015 Angst vor Menschen auf der Flucht geschürt wird. Die Zahlen der inoffiziellen Grenzübertritte sind weiterhin verhältnismäßig hoch. Laut des Sprechers des Koordinators der polnischen Geheimdienste sollen belarussische Soldaten Schutzsuchenden gegenüber Gerüchte über Verhandlungen zur Öffnung der Grenze gestreut haben. Am Mittwoch 1.12.2021 wurde seitens der EU-Kommission ein Vorschlag zur Aufweichung von Asylregeln für die nächsten sechs Monate eingebracht. Durch diesen Prozess soll es Polen, Lettland und Litauen nun möglich werden, an der Grenze Asylprozesse abzuwickeln und die Menschen in Folge direkt abzuschieben. Eine Abstimmung seitens der Mitgliedsstaaten ist noch ausständig. Ylva Johansson betont, dass die Grundrechte durch diese Regeln „nicht angefasst“ würden.
Konkret sollen die Staaten mehr Zeit (vier Wochen zur Registrierung des Asylantrags und bis zu 16 Wochen Prozessdauer) für Asylverfahren bekommen. Währenddessen sollen Menschen in Auffangzentren in Grenznähe ausharren.
Die Menschenrechtlerin Erin McKay hat Bedenken. Laut ihr würde der Vorschlag die Grundrechte von Asylsuchenden schwächen. Die Festnahme und Kriminalisierung von Schutzsuchenden bricht laut ihr internationales Recht und europäisches Asylrecht.
Amnesty International gibt zu bedenken: „Wenn die EU einer Minderheit von Mitgliedstaaten erlaubt, die Regeln wegen einiger Tausend Menschen an ihrer Grenze zu verwerfen, dann gibt sie auch jegliche Autorität in Bezug auf Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit ab.“
Polen hat bekannt gegeben, Journalist:innen den Zugang zur Grenze begrenzt zu gewähren. Hilfsorganisationen dürfen die Grenzregion auch weiterhin nicht betreten.
Auch die Operation der Europäischen Grenz- und Küstenwachenagentur Frontex in Litauen soll fortgeführt werden, das Format soll sich aber ändern, indem die Missionen lückenlos aufeinanderfolgen.
Quellen:
https://www.zeit.de/news/2021-12/01/polen-gebiet-an-grenze-zu-belarus-fuer-ortsfremde-gesperrt