2016 erhielt die europäische Grenzschutzagentur Frontex im Zuge einer neuen EU-Verordnung die Erlaubnis, selbst Ausrüstung zu beschaffen. Im Rahmen der „Multipurpose Aerial Surveillance“ (MAS) wurde seitdem durch das Leasing von Charterflugzeugen, Hubschraubern und Drohnen eine eigene Luftüberwachung aufgebaut. Durch die Verordnung machte sich die Agentur unabhängig von einzelnen Mitgliedstaaten. Die Luftfahrzeuge werden von Charterfirmen gestellt. Aktuell gibt es Rahmenverträge mit den Firmen EASP AIR BV und DEA Aviation für vier große Flugzeuge und mit dem deutschen Airbus-Ableger für zwei Drohnen.
Eine der Frontex-Drohnen ist seit mehr als einem Jahr in Malta stationiert. In einem Bericht von Human Rights Watch über die Zusammenarbeit von Frontex mit der sogenannten libyschen Küstenwache war die Flugbahn der auf Malta stationierten Heron-I zentral. Im Luftraum um die griechische Insel Kreta ist patrouilliert eine zweite Drohne der Agentur.
Frontex will nicht offenlegen, ob der Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge teurer ist als das Betreiben von bemannten Flugzeugen. Der Airbus-Vertrag über die Drohne mit Sitz auf Malta über 50 Millionen Euro wurde ursprünglich über 1.200 Flugstunden abgeschlossen. Seitdem gab es eine Erweiterung um 1.870 Stunden. Die Organisation Statewatch kommt demnach in ihren Berechnungen auf Kosten von 16.286 Euro pro Flugstunde, ohne die weiteren Kosten für die Vertragserweiterung einzurechnen. Der Ursprungsvertrag über 1.200 Flugstunden wurde auch für die Drohne um Kreta abgeschlossen.
Insgesamt haben die Kosten der in verschiedenen Rahmenverträgen geleasten Luftfahrtzeuge weit über 200 Millionen Euro betragen, so Statewatch.
Nach einer Anfrage Kroatiens im Jahr 2018, führte Frontex in mehreren Regionen Luftüberwachungen von Landgrenzen durch. Bis heute konzentriert sich die Luftüberwachung der Agentur aber auf Meeresregionen.
Auf Anfrage durch die Europaparlamentarierin Özlem Demirel, gab Frontex bekannt, dass im Jahr 2020 sieben Flugzeuge, ein Hubschrauber und eine Drohne in insgesamt 1.030 „Überwachungseinsätzen“ und 4.701 Einsatzstunden unterwegs waren. 406 „Ereignisse“ und 10.804 Geflüchtete seien im Zuge dessen gesichtet wurden. In ungefähr der Hälfte der Fälle hätten sich die Personen in Seenot befunden, in 119 Fällen hätte die Agentur nach eigenen Angaben die libysche Küstenwache verständigt.
Im Folgejahr hätten weniger als die Hälfte der Einsätze stattgefunden, bei einem Rückgang der Flugstunden um ungefähr ein Viertel auf 3.554. Trotzdem gab Frontex an, in 461 „Ereignissen“ 24.299 Personen gesichtet zu haben. Deutlich mehr als im Jahr 2020. Fast immer hätte es sich um Menschen in Seenot gehandelt.
Laut Statewatch lassen sich diese Veränderungen auf den Einsatz der Heron-I-Drohne von Malta aus zurückführen. Im Vergleich zu Flugzeugen ist diese mit bis zu 20 Flugstunden am Stück deutlich effektiver.
Anfang August 2022 wurde ein erster Flug der Heron-I über dem Ionischen Meer dokumentiert. Die Einsätze dieser neuen Heron-I sollen ausschließlich in griechischem Luftraum stattfinden.
Nicht nur in Griechenland ist eine Ausweitung der MAS-Flüge geplant. Auch Bulgarien, die Slowakei, Belgien und Malta haben um Unterstützung des Grenzschutzes aus der Luft angefragt. Ein Antrag Italiens aus dem vergangenen Jahr befindet sich aktuell in der Umsetzung.
Einem Bericht zufolge plant Frontex auch Hubschraubereinsätze. Es wird gemutmaßt, dass diese unter anderem in der Region um den griechisch-türkischen Grenzfluss Evros zum Einsatz kommen könnten. Die Evros Region ist bekannt dafür, welche Gewalt Personen auf der Flucht dort häufig widerfährt. Vor knapp über einer Woche, am 8. August, kam auf einer Insel im Evros-Fluss ein Mädchen ums Leben, nachdem die Behörden nicht auf Hilferufe einer gestrandeten Gruppe reagiert hatten. Die Gruppe hat bereits im Juli versucht, auf diesem Weg nach Griechenland zu gelangen. Zwölf Tage mussten sie bei diesem ersten Versuch auf der Insel im Evros ausharren. Griechenland wäre verpflichtet gewesen, die Menschen aufzunehmen. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte forderte die Regierung auf, Hilfe zu leisten. Frontex wurde ebenfalls alarmiert. Trotz der Aufmerksamkeit wurde die Gruppe durch den griechischen Grenzschutz in die Türkei zurückgedrängt.
Quellen:
https://www.jungewelt.de/artikel/431601.eu-abschottung-frontex-will-hubschrauber.html